Gezielte Werbung: Grindr klagt gegen norwegische Millionen-DSGVO-Strafe​

Der Betreiber der Dating-App Grindr will das in Norwegen verhängte Bußgeld nicht zahlen. Der Fall stelle Geschäftsmodell und Betrugsbekämpfung infrage.​

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(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Grindr geht gerichtlich gegen eine norwegische Datenschutzstrafe in Millionenhöhe vor. Anlass für die Strafe ist, dass das Unternehmen ohne Zustimmung seiner Nutzer personenbezogene Daten für verhaltensbezogene Werbung an Dritte weitergegeben hat. Grindr ist ein Verkuppelungsdienst mit Fokus auf Homosexuelle sowie Bi-, Trans- und Queer-Menschen. Das Unternehmen meint, dass die norwegischen Behörden die Datenschutz-Grundverordnung falsch auslegen.

"Bei unserer Klage geht es nicht um die historische Praxis" der gezielten Werbung, sondern darum, welche Folgen die Entscheidung der Behörden "für die gesamte Datenverarbeitung bei Grindr haben wird", sagte die Datenschutzbeauftragte des Unternehmens, Kelly Peterson Miranda, zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk Norwegens NRK. Die Entscheidung würde auch andere Aktivitäten wie Betrugsbekämpfung und kontextbezogene Werbung betreffen.

Ursprünglich sollte Grindr wegen Verstoßes gegen den Datenschutz fast 100 Millionen Kronen zahlen. Damals, Ende 2021, waren das fast zehn Millionen Euro. Die norwegische Datenschutzbehörde Datatilsynet stellte fest, dass der Dating-Dienst personenbezogene Daten wie GPS-Standort, IP-Adresse, Werbe-ID des Mobiltelefons, Alter und Geschlecht für verhaltensbezogene Werbung an Dritte weitergegeben hat – ohne Einverständnis der Betroffenen.

Unter anderem weil Grindr schnell reagiert und die Datenweitergabe gleich gestoppt hat, wurde die Grindrs Datenschutz-Buße auf 65 Millionen Kronen (aktuell 5,5 Millionen Euro) reduziert (Az. 20/02136-18). Der Beschwerdeausschuss für den Schutz der Privatsphäre (Personvernnemnda) hat den Beschluss und das damit über Grindr verknüpfte Datenschutz-Bußgeld im September bestätigt (Az. PVN-2022-22 Grindr).

Grindr betont nun, dass die Weitergabe von Daten mit einem Industriestandard zusammengehangen habe, der nicht mehr in Gebrauch sei. Miranda befürchtet, dass die norwegischen Entscheidungen es schwierig machten, überhaupt Dienste wie Grindr in Europa zu betreiben. Nach Ansicht des Unternehmens sind nicht alle gesammelten Daten als besonders sensibel einzuschätzen.

Datatilsynet hält indes an der Entscheidung fest: "Wir haben die Vorladung zur Kenntnis genommen und werden den Fall aufmerksam verfolgen", sagte deren Direktorin Line Coll dem NRK. Die Privatsphäre werde regelmäßig von großen kommerziellen Organisationen infrage gestellt. Solche Akteure verfügten über beträchtliche Ressourcen und juristische Schlagkraft, "die sie zur Verteidigung ihres eigenen Geschäftsmodells einsetzen". Dabei sei gezielte Werbung vielen Kontrolleuren und Abgeordneten in der EU ein Dorn im Auge.

Parallel hat auch Meta Platforms die Datenschutzbehörde verklagt, weil diese ein zeitlich begrenztes Verbot für verhaltensbezogene Werbung auf Facebook und Instagram nebst täglichem Zwangsgeld verhängt hat. Ein Eilantrag Metas gegen die einstweilige Verfügung blieb erfolglos.

(ds)